Die Ohrakupunktur als eigene Stilrichtung der gesamten Körperakupunktur
Akupunktur als alternative Heilmethode, die in vielerlei Hinsicht nachweislich gute Erfolge verzeichnen kann, ist mittlerweile durchaus bekannt.
Als besonderes Kapitel innerhalb dieses Teilgebietes der Traditionellen Chinesischen Medizin gilt die Ohrakupunktur, die als eigenständiges und geschlossenes System betrachtet wird.
Sie kann unabhängig von übriger Körperakupunktur durchgeführt werden und gilt in besonderen Bereichen wie der Raucherentwöhnung oder der Unterstützung beim Abnehmen als sehr erfolgreich.
Allgemein und Historisch Wissenswertes zur Ohrakupunktur
Innerhalb des gesamten Ohres befinden sich mehr als 100 Reflexpunkte, die mit entsprechenden Organen, Körperfunktionen oder aber auch individuellen Körperabschnitten in Verbindung stehen. Dies über neurale Reflexe, also wechselseitige Verbindungen durch die betreffenden Nervenbahnen. Damit lassen sich diese Punkte sehr gut diagnostisch als auch therapeutisch nutzen. Ein wesentlicher Unterschied zur herkömmlichen Körperakupunktur besteht darin, dass die Nadeltherapie im und am Ohr wesentlich schneller zum Erfolg führt als die traditionelle Körperakupunktur.
Die Ohrakupunktur kann auf eine lange Geschichte und Tradition innerhalb der Traditionellen Chinesischen Medizin zurück blicken, immerhin finden sich erste Hinweise darauf bereits im Standardwerk aus dem 3. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung, „Huang Di Nei Jing“. Auch in Persien sowie dem alten Griechenland und Ägypten wird das Ohrreflexsystem bereits seit mehr als 1000 Jahren medizinisch und therapeutisch genutzt.
In der modernen Medizin war es der Franzose Paul Nogier in den 50er Jahren des vorigen Jahrtausends, der altes chinesisches Wissen mit überlieferten Erfahrungen der Ohrreflexbehandlung aus dem afrikanischen und dem nahöstlichen Bereich verband. Aufgrund dessen entwickelte er eine neue Topographie der Ohrreflexpunkte, die heutzutage gemeinsam mit der traditionellen chinesischen Variante als sogenannte Auriculotherapie Anwendung findet.
Auffällig ist in jeglicher Hinsicht die Anordnung und Lage der Akupunkturpunkte am Ohr. Denn wenn man sich das Bild eines Embryos in gekauerter Stellung mit dem Kopf abwärts gerichtet vorstellt, so sind die Ohrreflexpunkte exakt übereinstimmend mit den Organen und Körperabschnitten des Embryos. Das mag auf den ersten Blick erstaunen, doch wer sich näher mit TCM beschäftigt, wird Zusammenhänge feststellen können.
Am Anfang der Ohrakupunktur steht die Diagnostik
Wie auch bei den anderen alternativen Heilverfahren steht am Anfang einer erfolgreichen Ohrakupunktur die entsprechende Diagnosestellung. Besteht eine Erkrankung eines bestimmten Organs oder Körperabschnitts, liegt es auf der Hand, dass der entsprechende Ohrreflexpunkt äußerst schmerzhaft auf Druck reagiert. Eventuell verändert er sich sogar optisch. Damit hat der behandelnde Arzt oder Therapeut bereits durch das Ertasten des Ohres die Möglichkeit, mögliche Schwächungen oder Erkrankungen festzustellen. Dies erfolgt entweder mit einem sogenannten Drucktaster oder aber, um Schmerzen für den Betroffenen möglichst zu reduzieren, mit elektronischen Geräten. Diese zeigen Ungereimtheiten mittels Licht oder einem Tonsignal an. Anschließend werden Veränderungen der Haut am Ohr, also etwa Rötungen oder gestaute Äderchen bzw. Trockenheit diagnostiziert.
Akupunktur am und im Ohr erfolgt unterschiedlich
Ein wichtiges Kriterium für die erfolgreiche Akupunktur am Ohr ist, dass Patienten, die Rechtshänder sind, die Nadeln ins rechte Ohr bekommen, während bei Linkshändern links behandelt wird. Gestochen wird mit längeren Akutnadeln, für eine länger anhaltende Dauernadelung werden entsprechende Nadeln verwendet, die mittels Pflaster ans Ohr geklebt werden. Hat der Betroffene Probleme mit der Nadelung oder Angst vor Nadeln, kann alternativ auch ein Magnet oder glühende Moxastäbchen bzw. Softlaser zur Anwendung kommen. Welche Form der genauen Therapie erfolgversprechend ist, muss der Therapeut individuell entscheiden. Damit wäre dann auch die Fragen geklärt, ob silberne, stählerne oder gar goldene Nadeln für die individuellen Beschwerden als Therapie am besten geeignet bzw. am wirksamsten sind.
Nachdem die Nadeln in bzw. am Ohr gesetzt wurden, sollte der Betroffene eine Ruhephase von mindestens 15 Minuten, jedoch maximal 30 Minuten haben. Damit bietet sich die Gelegenheit, die Empfindungen im Körper direkt nachzuspüren. Grundsätzlich werden bei einer Ohrakupunktur direkt 1 bis 6 Nadeln auf die ansprechenden Punkte gestochen. Handelt es sich um eine Dauernadelung, werden 2 Millimeter lange Nadeln für 2 bis 5 Tage direkt im Ohr fixiert. Der Patient sollte sie dann selbst in regelmäßigen Abgständen durch Drücken oder Drehen entsprechend stimulieren.
Ohrakupunktur ist vielseitig anwendbar
Die Ohrreflexpunkte sind durchaus einfach zu finden, da sie direkt nach ihren Indikationen benannt sind. Es gibt also sogenannte Leberpunkte, Ischiaszonen oder aber einen Blutdruck regulierenden Punkt. Damit ist auch gleich nach der Diagnosestellung klar, welcher Punkt genadelt werden muss, um Erleichterung oder Genesung zu gewährleisten.
Grundsätzlich ist zu sagen, dass die Ohrakupunktur bei fast allen Erkrankungen unterstützend zum Einsatz kommen. Besondere Erfolge konnten bei akuten Erkrankungen des Bewegungs- bzw. Stützapparates erzielt werden. Dies betrifft akute Lumboischialgie oder ebenfalls akute Nerven- und Gelenkschmerzen. Auch Suchterkrankungen der unterschiedlichsten Art können mittels gezielter Nadelung an den Ohren erfolgreich bekämpft werden. Vorsicht ist allerdings geboten, wenn der Betreffende über unklare Schmerzzustände klagt oder aber an einer schweren Infektionskrankheit leidet. Auch nach Einnahme starker Medikamente oder aber nach erfolgreicher Bewältigung einer Fastenkur ist die Anwendung der Ohrakupunktur nicht zu empfehlen. Klar ist natürlich, dass bei Verletzungen oder individuellen Entzündungen am Ohr oder aber außergewöhnlich starken Reaktionen auf Druckempfindlichkeit der Reflexpunkte an den Ohren ebenfalls von der Behandlung mit der Nadeltherapie Abstand genommen wird.